21. Mai 2019

Der Weg heute nach Valle Sante mit 18 km war einer der schwierigsten und beeindruckensten meiner bisherigen Pilgerschaft. Zunächst begann bei strahlendem Sonnenschein ein 400 m Aufstieg durch eine grandiose Landschaft. Nachdem ich den ersten Anstieg geschafft hatte musste ich einen Gratweg gehen. Zwischenzeitlich zogen Nebelschwaden über dem Grat und es blies ein starker, kalter Wind. 

Nachdem ich den Grat mit zitternden Knien überquert hatte, kam der Aufstieg zum Passo Serra auf 1.200 m. Mittlerweile war es total neblig geworden und es regnete leicht. 

Als ich nach 3 Stunden endlich oben war ging es auf rutschigen, ausgewaschen Wegen ins Tal. Kurz vor meinem Ziel kam nochmals ein langer, nicht endend wollender Anstieg. Um 15 Uhr erreichte ich ziemlich erschöpft das Rifugio Casa Santicchhio, eine Mischung aus Pilgerherberge und Berghütte. Beim Abendessen saßen noch 7 weitere Personen am großen Tisch im Speisesaal. Ein Ehepaar aus Südtirol, vier Frauen aus Bayern und ein Mann aus Innsbruck. Sie alle waren auf dem Franziskusweg unterwegs. Lothar aus Innsbruck ist seit 4. April nach Rom unterwegs. Allerdings geht auf dem Antonius Pilgerweg und auf dem Franziskusweg nach Rom.

 In ca. 15 km Entfernung ist La Verna, ein bekannter italienischer Pilgerort. Der heilige Franziskus hat dort viele Jahre verbracht.

Beim Essen hatten wir viel zu erzählen und leerten einige Gläser Wein. Da ich bisher am Abend fast immer alleine war, tat mir die Unterhaltung sehr gut.

Geh deinen Weg

Egal wie schwierig er ist und

was er dir auch alles abverlangt

Es ist dein Weg

Gehe ihn achtsam, mutig und mit Respekt

(Alter Pilgerspruch)

Kurz vor dem Gratweg konnte ich einen Regenbogen von oben sehen.

Der Gratweg. Wenn man wie ich Höhenangst hat, sollte man vermeiden nach unten zu sehen.

22. Mai 2019

Nach dem Frühstück und der Verabschiedung von den anderen Pilgern, die nach La Verna weiter gingen, zog ich alleine los. Es war neblig und die ersten Kilometer gingen durch schöne Eichenwälder bergab. 

Die Gegend hier ist ziemlich wildreich und ich sah viele frische Fährten von Rotwild und Wildschweinen. Es gibt hier auch viele Wölfe, hat uns gestern Abend Laura, die Betreiberin des Rifugios erzählt.

Der Weg hatte heute wieder einige kleinere Anstiege, die aber kein Vergleich zu gestern waren. Da mir die Anstrengungen von gestern noch in den Knochen steckten, ging ich nur 21 km nach Chitignagno.

So richtig warm ist es immer noch nicht. Maximal 16 Grad hatte es die letzten Tage. Jedoch regnet es fast nicht mehr.

Heute kam ab 10:00 sogar die Sonne raus.

Die Landschaft ist so schön, dass ich fast das Fotografieren vergessen hätte.

23. Mai 2019

Nach der "Entspannungsetappe" gestern wollte ich heute mal wieder Kilometer fressen. Darum ging ich bis Arezzo 37 km.

Der erste Teil hatte einige Auf- und Abstiege, die mich in der schwülen Luft ganz schön zum Schwitzen brachten. Bei einer Pause nach 17 km schüttete ich 2,5 Liter Wasser in mich hinein. So aufgetankt konnte es weiter gehen. Bis jetzt schien die Sonne und es wurde sogar über 20 Grad warm.

Kaum war ich weiter gegangen, sah ich hinter mir in den Bergen dunkle Gewitterwolken. Mir ahnte schlimmes, denn weit und breit war nichts in Sicht wo man sich zur Not unterstellen könnte. Doch Petrus meinte es diesmal gut mit mir und außer ein paar Regentropfen kam ich um 17:00 trocken in Arezzo an.

 

Zum Teil ging es heute auf Genußwegen dahin.

Ab Subbiano folgte der Weg eine weite Strecke dem Arno. Hier eine Brücke über den Fluß.

Seit ich Italien bin war heute der erste Tag über 20 Grad.

24. Mai 2019

Heute hatte ich eine Etappe mit 25 km nach Castiglion Fiorentino geplant. Am Ziel angekommen waren es dann 27 km und diese hatten mich ziemlich geschafft.

Kurz nach Arezzo kam ein langer Anstieg über 400 m, den ich ohne Probleme durch eine abwechslungsreiche Landschaft schaffte. Doch dann kamen Wege, die ich gar nicht mag. Zuerst auf Geröllwegen ins Tal und dann fast 10 km lang immer bergauf und bergab.

Noch dazu war der Weg heute miserabel markiert. Mal nicht aufs Garmin geschaut und schon hatte man einen falschen Weg erwischt. Darum heute auch die zwei Kilometer mehr.

Seit ein paar Tagen habe ich Schmerzen im rechten Unterschenkel vorne neben dem Schienbein. Sie haben sich gestern verschlimmert und eine Schwellung ist auch noch dazu gekommen. 

Vor allem bei den Abstiegen hatte ich starke Schmerzen und kam nur langsam voran. 

Wahrscheinlich hat sich durch die Anstrengungen der letzten Tage irgendeine Sehne entzündet.

Nach 17 km erreichte ich eine bekannte Pilgerherberge, die von Giovanni geleitet wird. Er ist schon alle möglichen Pilgerwege gegangen. Unter anderem war er schon achtmal in Santiago de Compostela.

Er sieht sich in der Tradition der Tempelritter, die für die Sicherheit der Pilger gesorgt haben. Er bietet ihnen Übernachtungen und Verpflegung gegen eine Spende an.

Da es Mittag war, wollte er, dass ich mit ihm esse. Er hatte für sich und einen Freund Fische gebraten. Da ich tagsüber nicht viel esse, lehnte ich dankend ab.  Nach zwei Krügen Wasser mit Minze und netten Gesprächen zog ich weiter.

Die letzten Kilometer zum Ziel waren angenehmer zu gehen und ich erreichte mein Zimmer in einem ehemaligen Schloß.

Hier in der Stadt ist heute ein Festival und es war schwierig ein günstiges Zimmer zu bekommen.

Ich hoffe, dass es mit dem Unterschenkel besser wird. Wäre nicht schön wenn ich die letzten 280 km nach Rom nur mit Schmerztabletten laufen müsste. Die Schwellung hat sich leider ausgeweitet.

Blick zurück auf Arezzo.

Giovanni der Herbergsvater und Tempelritter.

Vor der Herberge von Giovanni.

Die Kilometerangabe nach Rom stimmt allerdings nicht für die Via Romea. Sie ist für den Franziskusweg, der über Assisi führt. Wären für mich zu viele Höhenmeter.

Morgen komme ich schon in die fünfte italienische Region: Umbrien.