29. April 2019

 Nach zwei Tagen Aufstieg ging es heute bergab ins Eisacktal. Der heutige Tag sollte eine Belastungsprobe für meine bisher so geplagten Füße werden und sie wurde mit Bravour bestanden.

Ich ging die 35 km bis Mittewald fast ohne Pause und vor allem ohne Schmerzen. Ich hoffe ich bin jetzt auch für längere Strecken gewappnet.

Als ich am Brenner ankam lag Schnee. Es hatte über Nacht geschneit und ich ging die ersten 10 km im Schnee.

Erst tiefer im Tal in Sterzing war der Schnee weg. Am Brenner hatte es 1 Grad und in Sterzing 6 Grad.

Übernachten werde ich im Gasthof Thaler in Mittewald bzw. Mezzaselva. In Südtirol sind die Ortsnamen zweisprachig angegeben. Ich werde künftig der Einfachheit halber nur die deutschsprachigen Bezeichnungen verwenden.

Schnee am Brenner.

Komm nach Italien haben sie gesagt, dort ist es warm .........

Erst kurz vor Sterzing wurde es angenehmer.

Nach 35 km und 7,5 Stunden endlich in Mittewald angekommen. Ich freue mich auf eine heiße Dusche und was zum Essen.

30. April 2019

Auch wenn die heutige Etappe mit 30 km nach Klausen kürzer war als die gestrige, war sie um einiges beschwerlicher.

Bis Brixen ging es noch, doch dann kam ein langer, nicht endend wollender, steiler Aufstieg. Kaum oben, ging es wieder bergab und dann wieder bergauf. So ging es weiter bis zum steilen Abstieg nach Klausen. Kurz vor Klausen nochmals ein steiler Aufstieg zum Kloster Säben, wo ich auf Empfehlung von Pater Nagel übernachten wollte. Ich wurde jedoch sehr unfreundlich an der Klosterpforte abgewiesen. Sie vergeben keine Übernachtung nur für eine Nacht. Auf meinen Hinweis,  dass Pilger meist nur eine Nacht bleiben und sogar der Hinweis auf Pater Nagel brachten keinen Erfolg.

Ich sagte es kann doch nicht sein, dass in dem riesigen Kloster kein Platz für einen Pilger sei. Daraufhin wurde mir Egoismus vorgeworfen und sie hätte jetzt keine Zeit mit mir zu diskutieren. Ich bedankte mich für die überaus große christliche Nächstenliebe und ging.

Das ist wieder typisch für die Katholische Kirche, bei der die Nächstenliebe an der eigenen Pforte endet. Wenn ich auf meinen vielen Pilgerwegen die riesigen, größtenteils leer stehenden Klöster und sonstigen Kirchenbauten sehe und daneben Obdachlose auf der Straße schlafen sehe, dann könnte ich nur noch kotzen.

Aber lassen wir das Thema, ich wollte mich auf dem Weg ja nicht aufregen.

In Klausen war wegen des morgigen Feiertags die Zimmersuche nicht so einfach. Im Hotel zur Post fand ich dann endlich ein erschwingliches Zimmer.

 

Im Hintergrund Brixen. Davor Erdbeerfelder.

Die Dolomiten. Leider wolkenverhangen.

Wegelagerer

Der steile Abstieg nach Klausen. Im Vordergrund Kloster Säben mit seinen "freundlichen" Schwestern.

1. Mai 2019

Die heutige Etappe nach Bozen war mit Sicherheit eine der anstrengesten auf meinem Weg nach Rom. Bereits 2 km nach Klausen ging es steil in die Weinberge hinauf. Dann kamen noch weitere Abstiege hinzu bis auf insgesamt über 1.200 Höhenmeter.

Kam mit einigen Pausen ganz gut voran. Die Strecke war heute 35 km lang, wobei ich gestehen muss, dass ich den letzten steilen Abstieg, mit fast 900 Höhenmetern, nach Bozen hinunter mit der Seilbahn gefahren bin. Ich glaube das war besser für meine geplagten Füße.

Heute mal wieder eine billigere Übernachtung in der Jugendherberge Bozen.

Die Erdpyramiden von Lenzmoos. Hier wimmelte wegen des Feiertags und dem schönen Wetter vor Besuchern. 

Die Aussicht war heute super. Immer wieder tolle Blicke auf die Dolomiten.

2. Mai 2019

Als ich heute morgen in den Frühstücksraum der Jugendherberge kam, war ich erstaunt. Nicht von der Auswahl des Büffets, sondern von der hier herrschenden Kälte. Niemand grüsst, oder lächelt zumindest. Auf mein freundliches Guten Morgen reagierte niemand. Und ich dachte immer Jugendherbergen seien ein Ort der Begegnung. Ich esse schnell und verschwinde.

Gestern habe ich beim Kartenstudium festgestellt, dass man gar nicht auf die Berge kraxeln muß um nach Rom zu kommen. Unten im Tal geht ein schöner Radweg an der Etsch entlang. Hätte ich das eher gesehen, dann wären mir einige Höhenmeter erspart geblieben.

Diese Philosophie der Streckenplaner konnte ich schon auf dem Jakobsweg nicht verstehen. Warum muss ich mit einen 12 kg schweren Rucksack schwere Aufstiege meistern nur wegen einer schönen Aussicht, oder irgendeiner touristischen Sehenswürdigkeit. Ich denke die Pilger in früheren Zeiten sind auch eher im Tal gegangen, zumal sie am Ziel ihrer Pilgerschaft auch wieder nach Hause laufen mussten und nicht wie wir heuzutage mit dem Flugzeug heimkehren.

Deshalb habe ich heute meinen Plan geändert und bin nicht der Via Romea gefolgt, sondern im Tal 25 km entspannt nach Neumarkt in Südtirol gelaufen. Unterkunft fand ich zum Pilgerpreis im 3 Sterne Hotel Altes Rathaus. 

Warum mit schweren Rucksack die Berge rauf und vor allem schmerzhaft wieder runter steigen, wenn es auch im Tal schöne Wege gibt.

In Neumarkt in Südtirol angekommen. Für jemand aus dem Landkreis Neumarkt in der Oberpfalz schon etwas besonderes.

3. Mai 2019

Mein heutiger Weg führte mich 36 km nach Lavis. Jetzt bin ich im Trentino und somit im Italienisch sprechenden Teil Südtirols.

Heute war der Tag der Begegnungen. Auf der Hälfte der Strecke sprach mich ein Mann an und fragte ob er mich ein Stück begleiten darf. Renato ist 71 Jahre alt und schon viele Pilgerwege gegangen. Auch den Nordweg in Spanien, den ich 2011 ging. So hatten wir viel zu erzählen und ich konnte meine Italienischkenntnisse testen. Er telefonierte dann mit jemand und ich verstand, dass es um mich ging. Ein Freund von ihm hatte heute seinen 77. Geburtstag und ich soll unbedingt zur Feier mit kommen. Meine Bedenken wurden mit einer Handbewegung weg gewischt.

Kurz nach 12:00 kamen wir bei der Feier an, die in einer Garage stattfand. Ich wurde von allen begrüßt und mit Essen und Getränken versorgt. Unter den Gästen war auch noch ein weiter Mann, der ebenfalls schon viele Pilgerwege gegangen ist.

Leider konnte ich die guten Weine nicht kosten und auch nicht allzu lange bleiben, da ich noch ca. 15 km vor mir hatte.

Bevor ich ging wurde noch ein Foto vom Geburtstagskind, den beiden anderen Pilgern und mir gemacht. Renato will es auf Facebook posten.

Nach einer Umarmung konnte ich mich mit vielen guten Wünschen verabschieden. Diese Begegnung tat mir gut.

Auf meinen weiteren Weg ging ich ein Stück der Autobahn entlang. Zum Zeitvertreib schaute ich mir die Autonummern der vorbei brausenden Autos an. Plötzlich sehe ich einen Bus von Omnibus Sippl aus Deining, meinen Heimatort. Der Chef persönlich saß am Steuer.

Später traf ich noch einen Radfahrer aus dem Sauerland, der schon in Santiago und Rom war. Jetzt ist er unterwegs nach Jerusalem. Zunächst nach Bari und dann mit der Fähre nach Griechenland. Von dort weiß er noch nicht wie es weiter geht. 

Übernachtet habe ich im Hotel Carona in Lavis. Ein Hotel, bei dem die Zeit stehen geblieben ist. Jedoch alles sauber und auch die Küche lässt keine Wünsche offen.

Salurn. Die letzte deutschsprachige Ortschaft. Ab jetzt bin ich auf meine mühsam erworbenen Italienischkenntnisse angewiesen.

Die letzte Nacht hatte es kräftig geregnet. Jetzt war es schwül.

Renato mit mir bei einer Kaffeepause. Von der Geburtstagsfeier habe ich leider keine Fotos gemacht. :((

4. Mai 2019

Nachdem ich gestern schöne Begegnungen hatte und auch während des Gehens keine nennenswerten Schmerzen verspürte, dachte ich es ist alles gut überstanden mit meinen Blessuren. Falsch gedacht. Die Überraschung kam beim Ausziehen der Socken. Die Entzündung hat sich zurück gemeldet und eitert wieder stark. Der weitere Weg ist stark gefährdet.

Ich habe deshalb zwei Entscheidungen getroffen:

1. Heute fahre ich mit dem Zug zu meinem nächsten Etappenziel. Dort lege ich einen Ruhetag ein und pflege meinen Zeh. Heute wäre am Cimirlo Pass sowieso wieder ein steiler Abstieg zu bewältigen gewesen. Dieser hätte mir wahrscheinlich den Rest gegeben.

2. Ich gehe auf jeden Fall noch bis Padua (ca. 120 km) weiter. Ich werde in den nächsten Tagen kürzere Strecken gehen und hoffe dass die Entzündung abklingt. Sollte es in Padua nicht deutlich besser sein, so werde ich wohl oder übel abbrechen und nach Hause fahren.

Ich werde mir die Entscheidung nicht leicht machen, aber so hat es keinen Sinn. Jeden Tag die Spannung beim Schuhe ausziehen, wie wohl der Zeh aussieht und jeden Morgen Schmerzen beim Anziehen sind nicht der Sinn der Sache.

Ich bin mir bewusst, dass Pilgern auch mit Schmerzen verbunden ist, aber alles hat seine Grenzen und ich muss niemanden etwas beweisen. 

Noch bin ich voller Hoffnung, dass ich Rom doch noch erreiche.

Der Spielverderber!

5. Mai 2019

Heute Nacht erhielt ich eine WhatsApp von meinem Nachbarn Anton. Er hatte das Bild von meinen Zeh gesehen und schrieb folgendes: "Auto ist vollgetankt. Ein Anruf und ich hole dich ab". Ich habe dankend abgelehnt, aber ich weiß, dass er es ernst meint! Es tut gut solche Freunde zu haben.

Heute Nachmittag meldete sich dann auch noch die Kräuterhexe aus Döllwang. Angelika wird mir den Ausdruck sicher verzeihen. Sie gab mir nützliche Tipps. Dann meldete sich auch noch eine Arbeitskollegin, die sich ebenfalls Sorgen macht.

Ich hoffe ich verschreie nichts, aber heute ging es mir deutlich besser. Danke an alle für die lieben Wünsche.

Heute ging ich von Levico nach Borgo entspannte 17 km. Es regnete stark und ich ging zum ersten Mal mit Regenponcho. Die Temperatur lag bei 2 Grad und durch den starken Wind fühlte es sich noch kälter an.

Ich ging ohne Pause durch und leistete mir dann am Zieort eine Pizza und 1/4 Wein. Schließlich ist heute Sonntag.

Eine günstige und gute Unterkunft fand ich in einem Sportinternat. Habe sogar Fernsehen mit deutschen Sendern.

Heute ging es viel an Fluß Brenta entlang. Er wird in den nächsten Tagen bis Padua mein Begleiter sein.

Regen, Schnee und ein einsamer Pilger.

Ich hoffe morgen wieder ab und zu die Sonne zu sehen.

6. Mai 2019

Mein Wunsch nach Sonne ist in Erfüllung gegangen. Nach einem guten Frühstück und netten Gesprächen mit der Geschäftsführerin des Sportinternates ging es bei erträglichen Temperaturen los. Schöne Wege am Brenta entlang folgten..

Heute ging es 25 km nach Primolana. Unterwegs habe ich die Provinz Südtirol verlassen und wandere ab heute in Venetien.

Übernachtung fand ich in einem Restaurant, das auch Zimmer vermietet. Ich habe sogar ein Zimmer mit Dachterrasse. Dort wird meine Wäsche bald trocken.

Bei strahlendem Sonnenschein am Brenta entlang.

Das Tal wird immer enger. Morgen wird es breiter und dann habe ich die Alpen hinter mir.

Ab jetzt wandere ich in Venetien.